Montag, 6. Januar 2014

Turons Senf zu den neuesten Star-Trek-Serien-Gerüchten

Die Star-Trek-Fangemeinde mag ob des letzten Kinofilms zutiefst gespalten sein, doch in einem Punkt sind sich wohl alle einig: Star Trek gehört zurück auf den Fernsehbildschirm, denn nur als Serie vermochte die Franchise bislang all jene Trümpfe richtig auszuspielen, die sie einst so unverwechselbar machte: Philosophische Fragestellungen, Moralische Zwickmühlen, wissenschaftliche Zurechnungsfähigkeit oder eine ernsthafte Herangehensweise an relevante Science-Fiction-Themen.
Dementsprechend empfänglich ist die Anhängerschaft auch für sämtliche Gerüchte, die vermeintlich neue Anläufe betreffen, eine Star-Trek-Serie im Fahrwasser der jüngsten Kinofilme aufzuziehen. Fans fordern immer wieder die Wiederauferstehung der Roddenberry-Idee als Fernsehserie und längst haben sich potentielle Verantwortliche wie Robert Orci, Michael Dorn oder Seth MacFarlane in Position gebracht. Allerorten herrscht eine gespannte Erwartungshaltung, die mit jedem verstrichenen Jahr und jedem neuen Kinofilm ungeahnte Euphoriehöhen erklimmt.
Seth Mac Farlane interessiert sich wirklich für Star Trek
Daher finden Berichte, wie der des Online-Portals "Call the Cops", in denen davon die Rede ist, dass CBS im Moment sogar gleich zwei Serien auf einmal planen würde, ein erstaunlich großes Echo. In Foren, der Facebookvertretung von Trekzone oder selbst bei der letzten Tafelrunde wird diese spezielle Meldung immer mal wieder hervorgekramt und im Stile von "Stille Post" mehr und mehr aufgebauscht.
Doch was ist wirklich dran an dieser Information aus den unendlichen Weiten des Internets?
Worum geht es überhaupt?
Ist es ein Fake?
Und: Kann das vorgeschlagene Konzept überhaupt funktionieren?
Doch der Reihe nach.
Bereits am 27. November 2013 veröffentlichte die Seite callthecops.net einen Beitrag unter dem Titel "CBS new CSI and EMS related Star Trek television series". Unter Berufung auf eine anonyme Quelle beim amerikanischen Fernsehsender CBS vermeldete das eigentlich auf Kriminalmeldungen spezialisierte Portal dort, dass im Moment die Planungen der Anstalt auf gleich zwei Star-Trek-Fernsehserien ausgerichtet seien.
Die erste soll sich rund um ein Raumschiff namens "USS Locard" drehen, dass in CSI-Manier das Universum bereist, um unter Verwendung modernster forensischer Zukunftstechnologie Verbrechen aufzuklären.
In der zweiten soll es um ein medizinisches Schiff namens "Pierce" gehen, die sich ihrerseits – mit einem künstlichen Wurmlochgenerator versehen - dem Ziel verschrieben hat, einem galaktischen Krankenwagen gleich Notfälle zu behandeln.
Bereits 2014 sollen beide Pilotfilme ausgestrahlt werden um den Siegeszug der Franchise wieder anzutreten.
Doch wer gleich Jubelarien anstimmt, sollte einmal das "About Us" der (US-amerikanischen) Seite lesen:

"This site is a satire of the current state of Law Enforcement, Fire Fighting and Emergency Medical work. Stories posted here are not real and you should not assume them to have any basis in any real fact. [...]"

Auf gut deutsch also (sehr frei übersetzt):

"Diese Seite ist eine Satire auf den momentanen Stand der Strafverfolgung, Feuerbekämpfung und medizinische Notfalldienste. Hier veröffentlichte Geschichten entsprechen nicht der Realität und Sie sollten nicht davon ausgehen, dass sie irgendeinen Bezug zu reellen Fakten hätten. [...]"

Sprich: Alles nur ausgedacht, um das Überangebot an CSI-Serien im US-Fernsehen und die einfallslose Lage im Großteil des Programms zu persiflieren (vgl. Z. 44ff.). Ein solches Vorgehen ist nicht unbedingt neu, immerhin verunsichert der Postillon auf ähnliche Art und Weise schon seit Jahren die deutsche Medienlandschaft.
Doch auch anhand anderer Auffälligkeiten im Text hätte man die Fälschung leicht erkennen können. So weiß der geneigte Fan, dass CBS Orci und Abrams bereits vor diesem Bericht abgekanzelt hat, der mysteriöse "CBS-Insider" (vgl. Z. 1) geht kaum als glaubwürdige Quelle durch, aber vor allem der Name des medizinischen Schiffes sorgt bei Fehsehjunkies eher für Belustigung, als für Glaubwürdigkeit. Denn der Name "Pierce" geht wohl nicht, wie vorgeschoben (vgl. Z. 28f.), auf Francis Junior Pierce oder Pierce-Arrow zurück, sondern auf den berühmten zynischen Chirurgen Benjamin Franklin "Hawkeye" Pierce (Alan Alda) aus der Kultserie "M*A*S*H".
Benjamin Franklin "Hawkeye" Pierce

Nicht zuletzt verleiht ausgerechnet die Kombination aus medizinischem Notfalldiensts- und Strafverfolgungskonzept mit den Informationen, die die Seiten selbst gibt, jeglichen Spekulationen den ultimativen Todesstoß. In anderen Worten:
Pustekuchen! Diese beiden Sendungen wird es nie geben.

Nichtsdestotrotz kann man als Fan an dieser Stelle – aller Unwahrscheinlichkeit zum Trotz – die Möglichkeiten einmal durchspielen.
Die Idee des medizinischen Spezialeinsatzschiffes USS Pierce wirkt vergleichsweise abwegig. Zum einen ist es lediglich eine schwache Variation des ungleich umfangreicher beschriebenen ersten Themas und zum anderen bietet es nur wenig erzählerischen Spielraum. Außerdem benötigt die Welt nicht noch eine House-, Emergency Room oder Grey's Anatomy Serie – nicht einmal im Star-Trek-Schlafrock.
Der Grundgedanke des anderen Serienkonzeptes ist an sich genommen gleichermaßen 'innovativ'. Es gibt eine ähnlich große Anzahl von CSI-Varianten und anderen Krimiserien. Die damit einhergehende Übersättigung des Marktes disqualifiziert ein solche Serie bereits im Vorfeld.
Und dennoch: Die Idee einer Star-Trek-Krimiserie muss nicht zwangsläufig eine Totgeburt sein. Immerhin zeigten Episoden wie "Kirk unter Anklage" (TOS), "Riker unter Verdacht" (TNG) oder "Gewalt" (VOY) zumindest das Potential, dass in der Kreuzung von Science Fiction und Kriminilogie stecken kann. Einige Star-Trek-Bücher wie "Kontamination" oder "Mord an der Vulkan-Akademie" schlagen ansatzweise in eine ähnliche Kerbe.
Nicht zuletzt die Science-Fiction-Ikone Nathan Fillion beweist im Moment mit der in der sechsten Staffel angelaufenen Krimi-Serie "Castle", dass das Genre noch lange nicht so unpopulär ist, wie es der satirische Ansatz des Artikels den Leser glauben machen will.
Denn immerhin weist die Idee eine erschreckende innere Logik auf. Das Schiff ist nach einem bahnbrechenden Forensiker benannt, kleiner als die Defiant und speziell für seine Funktion ausgestattet.
Noch spannender allerdings bleibt das Potential der Idee, denn im Gegensatz zu einem Kriegsschiff, einem Forschungsschiff oder gar einer Raumstation bieten sich solch einem kleinen, vergleichsweise unbedeutendem Schiff ganz andere Möglichkeiten. Der wechselnde Rahmen macht die Idee so spannend, denn wie angedeutet, kann so ein zu lösender Mordfall auf Raumschiffen, Sternenbasen oder Kolonien genauso passieren, wie auf den Heimatwelten von Romulanern, Klingonen oder gar Tholianern. Ganz zu schweigen davon, dass man bei dieser Gelegenheit vernachlässigte oder nie gezeigte Föderationsmitgliedswelten wie Tellar, Sauria oder Delta IV einmal näher beleuchten könnte. Hinzu kommt eine große Bandbreite an Verbrechen wie Erpressung, Verschwörung, Schmuggel, Befehlsverweigerung oder Sexualdelikte die ins Repertoire mitaufgenommen werden könnten, auch wenn der klassische Mord wohl unweigerlich im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen müsste. Wenn die Autoren es schaffen würden, die positiven Eigenschaften Star Treks mit den Spannungselementen von Krimiserien geschickt zu kombinieren, würde sich ein solcher Sci-Fi-Krimi-Hybrid deutlich vom CSI-Einheitsbrei abheben.


Im Großen und Ganzen lässt sich also zusammenfassen, dass die Idee nicht den Hauch einer Chance hat, Fernsehrealität zu werden. Dennoch ist sie trotz aller Satire nicht von schlechten Eltern, denn sie birgt in der Tat eine Menge Potential. Es wird dem gemeinen Star-Trek-Fan allerdings kaum mehr bleiben, als aus diesem guten Ansatz ein spannendes Pen-and-Paper-Rollenspiel zu basteln, denn wenn alle guten Ideen auch zu Fernsehserien werden würden, hätten wir mehr Star-Trek-Serien, und weniger Dschungelcamps, Forsthäuser Falkenaus oder Beverly Hills 90210.

3 Kommentare:

  1. Star Trek CSI? Ich weiss nicht wie lange mich solch eine Serie in ihrem Bahn halten könnte. Nicht das ich Krimi nicht mag, aber CSI Miami, CSI New York, Navy CSI, etc. - unterschiedliche Schauspieler, aber kaum zu unterscheidenden Geschichten, die schnell langweilig wirken. Ein Krimi ab und zu in einer Star Trek Serie ist durch aus interessant und spannend, aber eine nur auf Krimi reduzierte Star Trek Serie?.. Solch eine wäre meiner Meinung nach sehr schnell aus.

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  2. Das sehe ich anders - immerhin hat das große Crossover aus Seifenoper und Star Trek auch genügend Zuschauer angezogen, wie man an Deep Space Nine sehen kann. Unter diesem Gesichtspunkt halte ich so eine Star-Trek-Krimiserie für das kleinere Übel. Doch noch immer gilt die Einschränkung, dass die Macher mit frischeren kreativen Ideen an die Sache gehen müssen. Als ich kürzlich überschneidend Matlock und Fillions Castle sah, fiel mir mit Erschrecken auf, wie viele Parallelen es in vielen Storys gibt (z.B. Ausflüge in die Fernsehwelt, ins Restaurantmilieu oder in die Schönheitskosmetikbranche). Scheinbar ist kreatives Schreiben zur Resteverwertung altbekannter Inhalte geworden. Wenn so etwas auf diesen (ohnehin niemals eintretenden) Fall zutreffen würde, müsste ich Dir recht geben: Das wäre tatsächlich lahm.

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  3. Man könnte das Orion-Syndikat als großen Gegner aufbauen und evtl. auch einen Storybogen, in der sich die Verbrechensbekämpfer mit Sektion 31 auseinandersetzen müssen.
    Damit hätte man auch einen aktuellen Bezug zur NSA-Frage, ob man auch wirklich alles tun kann, was technisch möglich ist.
    Und an Folgen wie "Der Wolf im Schafspelz" konnte man ja sehen, dass im Weltall auch recht ungewöhnliche Kriminalfälle konstruiert werden könnten.
    Noch ein wenig Zeitreisen dazu und man kann sich mit historischen Fällen à la "Wer hat Uwe Barschel ermordet?" (ok, ist jetzt ein bisschen weit hergeholt) befassen.
    Ob das ganze Konzept wirklich für längere Zeit trägt, sei natürlich dahingestellt.

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