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Dienstag, 31. März 2015

Star Trek Voyager bald auch auf nordkoreanisch [Updated]

Die Erde im Jahr 2371 (bzw. 'Juche 359'): Amerikaner, Russen und alle anderen Nationen des Planeten haben die tiefe Weisheit in den Lehren des Großen Führers Kim Il-sung endlich erkannt und sich unter der Führung Nordkoreas zusammengeschlossen, nachdem von Pjöngjang der erste Warpflug der Menschheitsgeschichte ausging. In den unendlichen Weiten des Alls setzte sich der Siegeszug der unsterblichen Ideen des Ewigen Präsidenten der Demokratischen Volksrepublik widerstandslos fort, wo Sungs Vermächtnis fremden Welten, unbekannten Lebensformen und neuen Zivilisationen wie die den Vulkaniern, den Klingonen oder den Bajoranern den Weg in eine strahlende Zukunft aufzeigt.

Was sich wie eine schlechte Parodie auf Star Trek liest, wird für vierundzwanzig Millionen nordkoreanischer Fernsehzuschauer schon bald untrennbar mit dem Begriff 'Star Trek' verbunden sein. Nachdem bereits im letzten Jahr das Zentrale Nordkoreanische Rundfunkkomitee die britischen Serien „Doctor Who“, „Top Gear“ und „Die Teletubbies“ für den einheimischen Markt einkaufte und 2010 mit „Kick it like Beckham“ der erste westliche Film über den Äther der Volksrepublik lief, sind die Verantwortlichen auf der Suche nach weiterem geeigneten Sendematerial aus der westlichen Welt nun bei einem Fernsehserien-Reseller namens „Rewind Networks“ aus Singapur fündig geworden, der die alleinigen Rechte an verschiedenen US-Serien für den ostasiatischen Raum innehält. Wie die russische Nachrichtenagentur Intertas berichtete, wurden über diesen Zweitverwerter mit „Neue Abenteuer mit Winnie Puuh“, „Unsere kleine Farm“ und eben „Star Trek: Voyager“ erstmals in der Geschichte des Landes drei Fernsehserien des amerikanischen 'Erzfeindes' bezogen. Eingefädelt wurde der Deal wahrscheinlich von Kim Jong-nam, der ältere Bruder des momentan herrschenden Kim Jong-un.

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Während bei „Winnie Puuh“ kaum mit Zensurmaßnahmen gerechnet wird, gab das Rundfunkkomitee nun bekannt, dass sowohl bei „Unsere kleine Farm“ als auch bei „Voyager“ mit massiven Eingriffen in die Struktur gerechnet werden muss. So soll die vierte Star-Trek-Serie auf sechzehn Episoden mit einer Laufzeit von jeweils anderthalb Stunden reduziert werden, um dem Sendungsprofil des staatlichen FernsehsendersKorean Central Television“ zu genügen.


Aber auch inhaltlich sind drastische Änderungen geplant. So sollen die Folgen so umgeschnitten werden, dass der ursprünglich als Fähnrich dienende Harry Kim als Nordkoreaner die Position des Captains bekleidet und die bunte Crew aus Menschen und Außerirdischen führt. Es gilt als wahrscheinlich, dass er nicht nur seinen sehr „westlichen“ und für koreanische Zungen nur schwer auszusprechenden Vornamen verlieren, sondern darüber hinaus auch ein Mitglied der aktuell herrschenden Kim-Dynastie dargestellt wird.


Am weitreichendsten wird allerdings eine Änderung ausfallen, die die noch junge IT-Elite des Landes vor Herausforderungen stellt: Das MHN soll nämlich durch Computertricktechnik aus der Serie entfernt werden, um für eine Projektion des großen Landesvaters Kim Il-sung Platz zu machen. Dieser wird seinem Nachfahren Captain Kim mit seinem Rat und seiner Weisheit den Weg aus dem Delta-Quadranten zurück zur Erde weisen und darüber hinaus auch unter den Völkern dieser Region des Weltalls Propagandaarbeit leisten.

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Wahrscheinlich ist aufgrund der herausfordernden Vorbereitungen das Ausstrahlungsdatum erst mit „2017 oder 2018“ angesetzt, doch die entsprechenden Regierungsstellen konnten bereits bei „Top Gear“ reichlich Erfahrungen bei der Bearbeitung und Entfernung ungeliebter westlicher Äußerungen sammeln. Im Übrigen bildet dieses Vorgehen auf dem asiatischen Markt keine Ausnahme. So war schon 2009 für die chinesische Version des Online-Spiels „World of Warcraft“ auf Darstellungen verzichtet worden, die im „Reich der Mitte“ für Anstoß gesorgt hätten. Insofern sieht auch das Rundfunkkomitee keinen Handlungsbedarf und verweist darauf, dass die eigenen Pläne „[...] im Einklang mit dem nordkoreanischen Urheberrecht stehen [...]“ würden. 

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Experten sind sich uneins darüber, was Pjöngjang mit diesem Schritt bezwecken möchte. Während einige Stimmen in der Aktion ein Störfeuer nach den außenpolitischen Spannungen durch den Sony-KinofilmThe Interview“ vermuten, halten Befürworter dem entgegen, dass es sich immerhin um einen kleinen Brückenschlag zur USA handeln würde, der den üblichen Prozessen nordkoreanischer Mediengestaltung unterliegt. 
Es ist ferner möglich, dass die Serie, wie ihr Vorbild auch, das eigene ambitionierte Raumfahrtprogramm der Diktatur beflügeln soll. 
Schließlich soll Kim Il-sungs Enkel Kim Jong-un bereits während seiner Schulzeit im schweizerischen Bern ein Faible für Disney-Produktionen und Star Trek entwickelt haben und in seinen Privatvillen riesige DVD-Sammlungen als Erbe seines Vaters horten.
Zudem passt dieser Zug gut in den bislang von Kim Jong-un offenbarten Politikkurs, dem eigenen Volk in „Brot-und-Spiele-Manier“ einen breiteren Zugang zu Fernsehen, Internet und Computern zu verschaffen. Bislang läuft das staatliche „Korean Central Television“ nämlich nur sechseinhalb Stunden pro Tag. Mit den prominenten Neuanschaffungen dürfte sich die nationale Fernsehverweildauer der Nordkoreaner jedenfalls erhöhen – inklusive einer Portion „Star Trek“.
Oder zumindest etwas ähnlichem.

Nachtrag. Der ein oder andere Leser (wie etwa unser treuer Leser Don) wird es bestimmt schon geahnt haben - der gesamte Artikel war lediglich der Beitrag der Tafelrunde zum Ersten April. Nordkorea hat zwar tatsächlich die angegebenen britischen Serien erworben, doch bis es zur Ausstrahlung amerikanischer Serien kommt, wird es wohl noch ein langer Weg sein.
Unser Dank gilt natürlich allen, die trotz des Datums ein ganz kleines bißchen an den Wahrheitsgehalt dieser Meldung geglaubt haben...

Mittwoch, 24. September 2014

Turons Senf zum Mindestalter für Science Fiction

Die Online-Ausgabe der britischen Tageszeitung Daily Mirror ruft seine Leser seit vorgestern zu einer Umfrage der ganz besonderen Art auf:



Nach der vorletzten Doctor-Who-Episode "Listen", in der es um mysteriöse Wesen ging, die nachts unter den Betten unschuldiger Kinder ihr gruseliges Unwesen treiben und die kleinen Racker im Falle eines unvorsichtigen Aufstehens auch schon einmal beherzt an die Waden greifen, fragen sich die Untertanen der Queen, ob Doctor Who überhaupt für Zuschauer im Kindesalter geeignet sei.



Dazu sollte man an dieser Stelle vielleicht das ein oder andere Wort der Erklärung verlieren. Die britische Kultserie wurde erstmals 1963 ausgestrahlt und richtete sich in erster Linie an Kinder und Jugendliche und die schwarzweiße Premierenfolge mit einer Dauer von fünfundzwanzig Minuten wurde daher um 17.15Uhr im Vorabendprogramm der BBC auf der Insel ausgestrahlt – zu einer Zeit also, in der uns hierzulande schonmal das Sandmännchen beim Herumzappen erscheinen kann.


Seitdem hat sich eine Menge verändert. Im Zuge sinkendem Zuschauerinteresse wurde die Serie nach 700 Folgen, sechsundzwanzig Staffeln und sieben Inkarnationen des Doktors im Jahre 1989 sang- und klanglos eingestellt. Abgesehen von einem wenig populären Filmversuch im Jahre 1996 blieb es lange Zeit viel zu still um die traditionsreiche Science-Fiction-Serie.


Weil so eine Zeit der Abstinenz die Nachfrage erhöht und die eigensinnigen Briten 'ihren Doktor' in der Zwischenzeit endgültig als festen Bestandteil ihres kulturellen Kanons verinnerlicht hatten, kam es im Jahre 2005 endlich zu einer längst überfälligen Neuauflage der Serie.
Aber längst war nichts mehr so wie es einmal war.
Eine neue Autorengeneration verlieh der Hauptfigur eine neue Tiefe, der Sendeplatz war mittlerweile auf 19Uhr emporevolutioniert und eine Folge dauerte mindestens fünfundvierzig Minuten.
Der Reboot war sofort ein durchschlagender Erfolg, der nicht nur im Vereinigten Königreich, sondern auch in den USA (wie man etwa bei der Big Bang Theory zuweilen hören kann), und selbst hierzulande immer mehr Fans dazugewann (wie man etwa an den Kostümen diverser FedCons erkennen kann). Vor allem weibliche Fernsehzuschauer waren von attraktiven späteren Doktorengesichtern wie dem David Tennants oder Matt Smiths heillos in den Bann geschlagen.



Daran aber, dass sich die Serie mittlerweile zur führenden Science-Fiction-Serie weltweit heraufgeschwungen hat, trägt nicht allein der Umstand bei, dass es kaum mehr ernstzunehmende Konkurrenz gibt, sondern auch, dass den Produzenten die heikle Symbiose von Zeitreise-Geschichten und Horrorelementen geglückt ist.

Insofern wirkt die Aufregung, wie sie der "Daily Mirror" mit seinem Umfrageartikel zu erzeugen versucht, doch arg gekünstelt und in ihrer Form lächerlich deutlich an Helen Lovejoys Catchphrase aus den Simpsons angelehnt.



Denn bereits mit der neunten Reboot-Folge "The Empty Child" wurde die Tradition der Sci-Fi-Horror-Serie begründet, als eine untote Kinderleiche, deren Gesicht mit einer Gasmaske verschmolzen ist, über eine Doppelepisode hinweg seine eigene Teenie-Mama stalkte.



Einige Staffeln später zementierte man die unheilige Allianz aus Angst und Faszination mit einer denkwürdigen Folge namens "Blink" um menschenjagende Engelsstatuetten, die ahnungslosen Passanten nach dem Leben trachten, die nicht unablässig und ohne zu blinzeln in ihre Richtung starren.



Keinen Deut besser kam schließlich "Silence in the Library" daher, in der der Doktor und seine Redshirt-Gefährten nicht nur durch eine überdimensionierte Bibliothek bei Nacht schleichen müssen, sondern auch von mehr als nur hühnchenfleischfressenden Schatten verfolgt werden.



So gab es in jeder Staffel bislang die obligatorische Gänsehaut-Episode und bislang hat sich darüber auch noch niemand allzu ernsthaft beschwert. Daher zeugt auch der Artikel im "Daily Mirror" vor allem von drei Entwicklungen:

Nummer #1. Seit dem vergeigten Unabhängigkeitsreferendum um Schottland hat der "Daily Mirror" scheinbar nichts Weltbewegendes mehr zu berichten und sieht sich gezwungen, seine leeren Seiten mit an den Haaren herbeigezogenen Aufmachern zu füllen.

Nummer #2. Die Presselandschaft jenseits des Ärmelkanals ist nicht mit der ausgewogenen Berichterstattung unserer Breiten zu vergleichen und längst hat sich das, wofür die Bildzeitung hierzulande belächelt wird, auf den Britischen Inseln zum allgemeingültigen Standard entwickelt.

Nummer #3. Dem Kurznachrichtendienst Twitter wird von Journalisten viel zu viel Beachtung geschenkt, denn der Artikel fußte wohl vor allem auf Tweets wie diesem hier:



Um die eigentliche Frage zu beantworten, wie kindgerecht Doctor Who tatsächlich ist, nur soviel:
Längst ist die britische Kultserie ihren Kinderschuhen entwachsen und nachdem der Versuch, mit Torchwood eine erwachsene Serie mit einem Monopol auf ältere Zuschauer zu senden durch die Absetzung dieses Spinoffs nicht von Erfolg gekrönt worden war, muss die Serie eine große Bandbreite von Zuschauern befriedigen. Die Verschiebung der Sendezeit von anfangs 17.15Uhr auf später 19Uhr und mittlerweile sogar 20.15Uhr birgt bereits einen deutlichen Hinweis für besorgte Eltern, ab welchem Alter man eine entsprechende Serie sehen darf. 
Und dann gibt es noch immer Trailer mit Hinweisen zur Information für alle jene Erziehungsberechtigten, denen die Schlafzeiten ihrer Kinder nicht ganz so wichtig sind.



Spätestens an dieser Stelle kann man sich natürlich schon einmal zu Recht fragen, was der ganze Schmuh eigentlich mit "Star Trek" zu tun haben könnte, dem sich dieser Blog ja eigentlich verschrieben hat.
Tatsächlich geht es um eine größere Frage, die immer wieder an uns herangetragen wird. Ab welchem Alter darf man Kinder Science Fiction, beziehungsweise "Star Trek" ansehen lassen?

Dabei bleibt natürlich anzumerken, dass Science Fiction nicht gleich Science Fiction ist und Star Trek nicht gleich Star Trek.

So verwundert es mich beispielsweise kaum, dass sich Star Wars bereits unter Kindergartenkindern so großer Beliebtheit erfreut, denn in den Filmen und Animationsserien geht es so plump um den Kampf zwischen Gut und Böse, dass der Vergleich mit Märchen nicht allzu weit hergeholt ist. Für die Erlebens- und Verstehenswelt von Kindern ist der "Krieg der Sterne" daher tatsächlich geeignet um von Kindern in seiner Grundanlage verstanden zu werden.



Insofern steht das Franchise auch nicht in direkter Konkurrenz zu Star Trek, das seinerseits eine Nische in einem philosophischen und intellektuellen Zugang zu Science Fiction sucht. Da Kinder erst ab zehn Jahren überhaupt eine Zeitvorstellung entwickelt haben, die ihnen ermöglicht, das Konzept von Science Fiction, Zeitreisen und Zukunft zu verstehen, ist es so unangebracht wie sinnfrei, sie vorher damit in Berührung zu bringen.



Was aber auch nicht bedeuten soll, dass Kinder unter zehn noch kein Star Trek sehen dürfen. Tatsächlich tragen hier die Eltern die Verantwortung zu entscheiden, was sie für geeignet halten, um es gemeinsam mit ihren Kindern zu sehen. So kann etwa "Kennen Sie Tribbles?" durchaus auch vorher angesehen werden, während eine Folge wie "Die Verschwörung" nicht umsonst auf den Schnitttischen der amerikanischen Zensur gelandet ist (wie man in "Kraft der Träume" erkennen kann).



Es muss bei näherem Hinsehen wohl nicht weiter erklärt werden, dass der Xindi-Handlungsbogen bei "Enterprise", die Dominion-Kriege bei "Deep Space Nine" oder die Ermordung Admiral Marcus' in "Into Darkness" nicht unbedingt für Vorschulkinder oder Zweitklässler zu empfehlen sind. Ja selbst die Star-Trek-Trickfilm-Serie TAS sollte man nicht einfach gedankenlos seinen Sprösslingen vorsetzen, denn bereits die damaligen Produzenten waren sich nicht darüber einig, ob sie da Erwachsenenunterhaltung oder eine Kindersendung fabriziert hatten.


Das Zauberwort heißt im Endeffekt also Eigenverantwortlichkeit der Eltern, denn egal ob Doctor Who, Star Trek oder irgendeine andere Science-Fiction-Serie gilt:
Es kommt darauf an, dass sich Eltern vorher selbst einmal ganz genau ansehen, welche Folgen für ihr Kind geeignet sind und welche nicht. Altersfreigaben, Sendezeiten und Episodenlänge sind geeignete Indikatoren dafür, was man dem eigenen Zögling in welchem Alter zumuten kann.
Diese Verantwortung für die eigenen Nachkommen auf einen Fernsehsender wie BBCTele 5 oder ZDFneo zu schieben, ist mehr als scheinheilig, zumal Kinder um viertel Neun vor der Glotze nix mehr zu suchen haben.


Donnerstag, 11. September 2014

Quo vadis, Science-fiction?

Sieht man sich in der derzeitigen Fernsehlandschaft um, so mangelt es vor allem und in erster Linie an guter Unterhaltung. Sucht man aber nach Science-fiction, so fällt auf, dass sich hier ein eklatanter Mangel eingestellt hat, der mir persönlich erst aufgefallen ist, als Turon es in einem Artikel zu Almost Human schrieb. Ich teile seine Vermutungen bezüglich des Genres. Daher muss die Frage gestellt werden: Science Fiction, wohin gehst du?





Der Hang zur Dystopie

Es gibt ambitionierte Projekte, wie obiges Video zeigt. "The last man on earth" ist ein Paradebeispiel für eine etwas andere Art Geschichten zu erzählen, denn es lässt dem Zuschauer die Möglichkeit selbst zu interpretieren warum Chris Miller, unser Protagonist, plötzlich allein einkaufen gehen muss. Andere Serien schlagen einen mitunter so ernsten Ton, dass man sich ein wenig vergrault fühlt. Unsere Zukunft ist keine auf die wir zählen sollten, denn sie wird düster werden, es wird Krieg und Elend geben, moralische Fragen lassen wir komplett beiseite und Teenager sind (in The 100) unsere einzige Hoffnung. So stelle ich mir den fernsehtechnischen Vorhof der Hölle vor. Was fasziniert uns Menschen denn an der Apokalypse, dass wir sie so sehr thematisieren? Eine Antwort darauf könnte sein, dass beklemmende Zukunftsszenarien einen größeren Eindruck beim Zuschauer hinterlassen, als eine friedvolle Gesellschaft im 23. Jahrhundert, die Hunger, Arbeitslosigkeit und vor allem Geld abgeschafft hat. Das mag sicherlich so sein, aber mittlerweile bedienen sich über 90% der Serien dystopischer Elemente um sie für ihre Zuschauer attraktiv zu gestalten. Es zeugt in erster Linie von Einfallslosigkeit, die selbe Hintergrundgeschichte immer wieder zu bedienen und sich nicht die Mühe zu machen ein anspruchsvolles Konzept wie in Star Trek, Firefly oder Babylon 5 zu entwickeln. Hierbei spielen auch die Vorgaben der Studios und der Sender eine Rolle. Dies kann im Umkehrschluss dazu führen, dass sich der Zuschauer gänzlich vom Genre abwendet. 





Definitionsprobleme

Riskiert man einen Blick auf Wikipedia und besieht sich dort aktuelle Science fiction-Serien so fällt sehr schnell auf, dass dem Genre eine Ungerechtigkeit widerfährt. Neben tatsächlichen Genrevertretern finden sich illustre Animes und Superheldenserien, in denen zwar hin und wieder der eine oder andere Laser verwendet wird, die aber das Prädikat "wissenschaftliche Fiktion" nicht verdienen. Vor ein paar Jahren hatte ich mich schon einmal auf der Diskussionsseite darüber ausgelassen, dass bestimmte Serien oder Filme nicht auf jene Listen gehörten und bekam zur Antwort, dass dort eben auch Sachen auftreten, die sich innerhalb der Science-fiction wiederfinden, wie der von mir erwähnte Laser. Wenn in "Greys Anatomy" die Polizei kurz durchs Bild huscht, ist das noch lange keine Kriminalserie. Es sind Elemente eines Genres, die mittlerweile gern auch in anderen Bereichen verwendet werden, aber sie sind nicht Hauptbestandteil einer Serie. Dies schrieb ich auf die Diskussionsseite und zurück kam nur ein "Is halt so!". Danach wurde mein Beitrag einfach gelöscht. Wenn sogar in der Öffentlichkeit das Verständnis für das Genre fehlt, mag einen der Mangel an entsprechenden Formaten nicht stören, denn sie sind ja laut Wikipedia zahlreich vorhanden.

Das liebe Geld

Turon erwähnte in seinem Beitrag zusätzlich, dass Filmproduktionen im genannten Bereich eklatant teuer sind und somit von den Studios eher gemieden werden. Besieht man sich aktuelle Filme, so mag das sicher stimmen, aber Regisseure und Produzenten wie Duncan Jones("Moon") zeigen uns, dass Science-fiction nicht teuer sein muss, also geht es den Studios eher darum altbekanntes Material zu verbraten. Herr Pröve hat es in unserem Interview zum Thema Star Trek treffend formuliert. Auf die Frage, was er generell von der Tendenz zu Reboots halte, antwortete er Folgendes:

"Darin drückt sich die große Unsicherheit unserer Zeit aus. Man wagt nichts mehr, wählt den scheinbar sicheren Weg alter Erfolgstitel und verlässt sich eher auf Vergangenes anstatt das Wagnis des Neuen einzugehen. Das fängt beim Drehbuchautor an und geht bis über den Produzenten hin zum Direktor des Senders. Denen fehlt die Risikobereitschaft. Es ist derzeit ein grundsätzliches Problem unserer Gesellschaft, das sich hier konkret am Star Trek-Reboot zeigt."

Nichts wagen, nichts riskieren und bloß nichts Neues anfangen. Das könnten die drei neuen Affen der Filmgeschichte werden.



Die Alternative

Im Internet gibt es zahlreiche Gelegenheiten sich mit Science-fiction-Filmen guten Formats zu beschäftigen. Auf Youtube tummeln sich erstaunlich viele Kurzfilme im Science-fiction-Bereich. Aktuellen Produktionen sind sie sicher von der technischen Machart unterlegen, beweisen dafür aber mehr Geschick im Storytelling. Man nehme hier z. B. Mis-Drop von Ferand Peek. Die Grundstimmung dieser Filme ist meist düster. Das kann man jetzt wieder kritisieren, aber wenn mann sich die zum Teil sehr ambitionierten Projekte der Hobbyregisseure und Filmstudenten ansieht, wird einem klar welch großes Potential noch immer im Genre steckt. Also lassen wir uns nicht unterkriegen und hoffen auf einen nächsten großen Sci-fi-Kracher, der das Genre wiederbelebt. Totgesagte leben bekanntlich länger. 




In diesem Sinne - guckt mehr Science Fiction!

Mittwoch, 30. Juli 2014

Star Trek Jumps the Shark 03: TNG



Einleitung. Niemand wird bestreiten können (oder wollen), dass ein Großteil jener Faszination, die Star Trek bis heute ausstrahlt, eng mit der Neuauflage der Franchise durch den Fernsehstart von "The Next Generation" zusammenhängt.
Ohne den Erfolg Picards und seiner Crew wären die nachfolgenden Ableger wie "Deep Space Nine", "Voyager" oder "Enterprise" überhaupt nicht denkbar gewesen und unbestreitbar überflügelte dieser Reboot seinen Vorgänger in puncto Zuschauerinteresse um Längen. "Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert", wie die Serie in der sehr ungenauen deutschen Synchronisation fortan hieß, begründete das TV-Phänomen, dass vor allem viele neue Fans in seinen Bann schlug und ohne die hohen Qualitätsstandards, die durch die Serie gesetzt wurden, wäre auch die Aufregung um die Abrams-Kinofilme wohl nur halb so groß. In diesem Zusammenhang diese Kult-Serie dadurch in Frage zu stellen, dass man Theorien darüber aufstellt, wann die Serie über den berüchtigten Hai sprang, muss im ersten Moment einmal blasphemisch wirken. Hält man solchen Zweiflern jedoch die heute nur noch sehr schwer zugängliche erste Staffel entgegen oder bedenkt, welche Durststrecken die Erfolgsserie in ihrer siebenten (und finalen) Staffel mitunter offenbarte, kann man sicherlich kaum mehr von der Hand weisen, dass es irgendwo einen Knick gegeben haben muss, dem wir im Folgenden auf den Grund gehen sollten. Sämtliche aufgeführten Anzeichen für einen Sprung über die Haifinne sind der Auflistung im ersten Teil unserer Serie entnommen und wie bereits in der vorangegangenen Betrachtung zur Originalserie folgt sie den vier Themenfeldern "Besetzungswechsel", "Charakterentwicklung", "Handlungsentwicklung" und "Kunstgriffe". Dabei kann die Reihenfolge der einzelnen Punkte aus dramaturgischen Gründen variieren und wie gewohnt kann die Zählung der einzelnen Finnen davon abhängen, wie oft ein bestimmter Punkt eintrifft.



1. Besetzungswechsel



Rauswurf eines Hauptcharakters. Zum ersten aber nicht letzten Mal in der Geschichte Star Treks konnte man als Zuschauer Zeuge des (missglückten) Versuchs werden, einer der etablierten Hauptrollen durch eine Neubesetzung neuen Schwung zu verleihen. Der Wechsel von Beverly Crusher zur kantigeren Ärztin Katherine Pulaski und wieder zurück zu Beverly Crusher bleibt wohl bis heute einer der am wenigsten nachvollziehbaren Winkelzüge der verantwortlichen Produzenten. Ob der kurzzeitige Abschied an internen Querelen, anderweitigen Karriereplänen McFaddens oder sich an den vermeintlichen Wünschen der Fans orientierte, wird wohl das Geheimnis der damals Beteiligten bleiben. Dafür bleibt dieses abenteuerliche Bäumchen-wechsel-Dich-Spielchen bis heute ein großes Manko für all jene, die sich die Serie am Stück ansehen möchten.



Die Große Lücke. Bei diesem Punkt können wir thematisch auch gleich beim großen Frauentausch mit Gates McFadden und Diana Muldaur verweilen, denn Dr. Katherine Pulaski gelang es nicht, die großen Fußstapfen auszufüllen, die ihr hinterlassen wurden. Das lag allerdings weniger an ihrer Amtsvorgängerin Dr. Beverly Crusher (die in der ersten Staffel bestenfalls als farblos zu bezeichnen wäre), sondern am Umstand, dass die neue Chefärztin nur allzu deutlich an den markigen Schiffsarzt der Originalserie angelegt war. In ihren Duellen mit dem Ersatz-Spock Data, ihrem ruppigen Patienten-Umgang sowie ihrer Transporterphobie wirkte sie zu oft wie ein Abziehbild Leonard 'Pille' McCoys und ließ die Eigenständigkeit vermissen, die Crusher im Vorfeld schon allein durch ihre Mutterrolle wenigstens im Ansatz andeuten konnte. So war die Rückeinführung von Mama Beverly ein wahrer Glücksfall für die noch junge Serie.


New Kid. Und weil aller guten Dinge drei sind, kann Pulaski aufgrund der genannten Ausführungen ferner auch unter der Kategorie eines 'neuen Gesichtes' aufgeführt werden, dass frischen Wind in die Darstellerriege einbringen sollte. Und auch, wenn dies nur bescheidenen Erfolg einbrachte, blieben die Macher diesem in der Serienbranche weit verbreiteten Prinzip treu, als Wil Wheaton sich allmählich von der “Next Generation” verabschiedete und mit Ro Laren ein gänzlich neuer Charakter mit vielen Ecken und Kanten die vermeintlich verkrusteten Figurenbeziehungen aufbrechen sollte. Doch auch für Michelle Forbes blieb die Serie nur ein kurzes Intermezzo; sie verließ TNG ebenfalls nach kurzer Zeit und schlug sogar das Angebot aus, ihre Rolle bei "Deep Space Nine" als Teil der Hauptbesetzung fortzuführen.




Pubertät. Eine der tragischsten Erfahrungen eines Kindes auf dem Weg zu einem Erwachsenen ist fraglos die Pubertät. Und diese Metamorphose durften die Zuschauer am Beispiel des einst kleinen und vorlauten Wesley Crushers Woche für Woche miterleben. Der Fremdschämfaktor war bei dessen Schwärmereien, modischen Fehltritten und Egozentrierung erschreckend hoch. Dass sich der junge Wesley eben nicht in einen wunderschönen Schmetterling, anmutigen Schwan oder wenigstens der gewagten Prognose Qs in “Rikers Versuchung” verwandelte, ist sicherlich zu einem großen Teil an der Frustration Schuld, die Wil Wheaton bis heute ob seiner damaligen Darstellung in Fankreisen immer wieder entgegenschlägt.




2. Charakterentwicklung

Richtungswechsel. Und wo wir gerade bei Wesley sind: Eigentlich war die Karriere des Enterprise-Ziehkindes so wunderschön vorgezeichnet. Vorzeitiger Dienst auf der Enterprise, Blitz-Studium an der Sternenflottenakademie und Rückkehr als Offizier an Bord des Schiffes, auf dem Mutti die Wehwehchen seiner Idole kuriert.
Doch Pustekuchen!
Bei Wheatons finalem Auftritt in “Am Ende der Reise” entwickelte sich der Schiffszögling in eine so abstruse Richtung, dass selbst die letzten Crusher-Sympathisanten nur noch fassungslos mit dem Kopf schütteln konnten. Es verwundert jedenfalls kaum, dass dieser seichte Abschluss unter der Führung des Reisenden im letzten TNG-Kinofilm “Nemesis” wieder revidiert wurde. Dort saß der ehemalige Tourist nämlich wieder in Sternenflottenuniform unter den Hochzeitsgästen, auch wenn es für das ohnehin bereits zerrüttete Verhältnis zwischen Fans und Schauspieler bereits viel zu spät war.



Zuwachs. Nachdem Wesley schließlich dem Niedlichkeitsfaktor entwachsen und im Verlaufe der Serie immer seltener zu sehen war, begannen neue Kindergestalten die Flure der USS Enterprise unsicher zu machen. Doch während  Molly O'Briens Auftritte verhältnismäßig überschaubar ausfielen, begann Alexander Rozhenko als Sohn Worfs immer mehr den Platz einzunehmen, den zuvor Wesley Crusher innehatte und trieb dem Fernsehzuschauer ein ums andere Mal Sorgenfalten auf die Stirn. Schon allein das plötzliche Auftauchen des illegitimen Sohnes des Sicherheitschefs der Enterprise ist mit ‘hanebüchen’ noch sehr wohlwollend umschrieben und dass Alexander sang und klanglos verschwand, nur um in "Deep Space Nine" eine äußerst fragwürdige Wiederauferstehung als Schiffstolpatsch zu erfahren, trug auch nicht gerade dazu bei, der Popularität des Charakters neuen Auftrieb zu verleihen. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass erst TNG die Tradition nerviger Kinderdarstellungen innerhalb Star Treks begründete.





Das zweite Gesicht. So wirklich neu war ein Großteil der Figurenkonstellation bei TNG nun wirklich nicht. Jeder, der einmal den Entwurf zur geplanten (aber nie ralisierten) TOS-Fortsetzung "Phase II" gelesen hat, wird deutliche Parallelen erkennen können. Aber auch, wer sich nicht die Mühe macht, kann bereits anhand des ersten Star-Trek-Kinofilms (der Leinwand-Realisierung der Serienidee) einige vertraut gewordene Ansätze erkennen:
Der junge erste Offizier, der den eigentlichen Captain bei dessen Arbeit selbstlos unterstützt und als großer Frauenschwarm gilt.
 Die sinnlich-erotische Außerirdische, die früher mal eine Beziehung mit dem mittlerweile zum ersten Offizier aufgestiegenen Mann führte und über außergewöhnliche Psycho-Fähigkeiten verfügt.
In der Serie war außerdem noch ein Vulkanier namens Xon eingeplant, der zwar nicht zu emotionalen Ausbrüchen fähig war, aber zur Belustigung der Crew immer wieder versuchen sollte, menschliche Verhaltensweisen zu ergründen. Im Film wurde die Figur durch den beim Transporterunfall verstorbenen Wissenschaftsoffizier Sonak angedeutet, während der ursprünglich für die Serien-Rolle gecastete David Gautreaux in einer Nebenrolle als Commander Branch zu sehen war.
Die Parallelen zwischen Will Decker und Wil Riker, Ilia und Deanna sowie Xon und Data sind jedenfalls ein deutlicher Beleg dafür, dass auch vieles in der hochgelobten Dynamik der "nächsten Generation" im Prinzip nichts weiter war als ein Aufguss einer alten Idee.





Autorenliebling. Wie eingangs eventuell deutlich wurde, zählen sowohl Wesley Crusher, als auch Katherine Pulaski nicht unbedingt zu den Fan-Favoriten, was die Serie jedoch nicht davon abhielt, eine ganze Reihe fragwürdiger Episoden auszuschütten, in denen es sich vorrangig um diese beiden Personen dreht. In "Die Gesetze der Edo", "Die Thronfolgerin", "Mutterliebe", "Die jungen Greise" oder "Planet der Klone" (um nur fünf Beispiele zu nennen) wird schnell deutlich, dass der Ansatz möglicherweise gut gemeint war: Die Autoren wollten mehr Tiefe, Substanz und Leben in diese Figuren bringen.
Doch im Endeffekt ging dieser Schuss völlig nach hinten los. Entsprechende Episoden vergrößerten den Abstand zwischen Fanbasis und Figuren noch weiter, gute Plots wurden zugunsten lahmer Charakterentwicklungshilfe zu Nebenhandlungen degradiert und häufig wirken die Bemühungen so gekünstelt, dass es schlichtweg keinen Spaß macht, solchen konstruierten Inhalten zu folgen.



Substanzverlust. Wie ein Versprechen muten Picards Worte im TNG-Pilotfilm an, mit denen er den zukünftigen Gegner der Föderation beschreibt:

"Sie wissen natürlich, dass die Ferengi ihre Verbündeten sehr oft verspeisen".

Entsprechend spannungsgeladen wie ernüchternd war dann auch das erste Aufeinandertreffen in "Der Wächter". Mit jeder weiteren Folge verkamen die ursprünglich als Hauptantagonisten angelegten Aliens mehr und mehr zur Lachnummer und mündeten schließlich in dem Zerrbild einer Supermacht, die im Dominionkrieg keine nennenswerte Rolle spielen sollte.



3. Handlungsentwicklung



Achterbahn. Heute mutet es beinahe wie ein Wunder an, dass TNG eine solche Erfolgsgeschichte schreiben konnte. Hätte die bislang letzte Star-Trek-Serie "Enterprise" etwa eine qualitativ ähnlich fragwürdige erste Staffel abgeliefert, hätte sie das grüne Licht einer vierten Staffel sicherlich nicht mehr gesehen. Doch TNG gelang das Kunststück, die Qualität deutlich nach oben zu schrauben und konnte sogar einen Begriff prägen, der das exakte Gegenteil zu "Jumping the Shark" bildet. Die Redewendung "Growing a Beard" bezieht sich auf die Gesichtsbehaarung Rikers, die ab der zweiten Staffel auch von einem Aufwärtstrend zeugte. Nun kann man sicherlich darüber streiten, ob denn tatsächlich jene Staffel, in der Autorenstreik, Katherine Pulaski und "Kraft der Träume" das Geschehen dominierten, bereits als 180-Grad-Wende bezeichnet werden kann, doch unbezweifelbar lag die Qualitätsmesslatte der Staffel höher als die der ersten. Fortan mauserte sich die Serie zu dem, was die Fans bis heute lieben, auch wenn es spätestens ab Einschnitten wie der zeitgleichen Ausstrahlung von "Deep Space Nine", dem Tod Gene Roddenberrys oder dem Anbruch der definitiv letzten Staffel auch wieder zu Abflachungserscheinungen kam.



Wildwuchs. Eine der bis heute unverständlichsten Entwicklungen innerhalb TNGs wird wohl die in "Die Raumkatastrophe" beschriebene Weltraumverschmutzung durch Warpantriebe sein. Dabei geht es gar nicht einmal um die nur mäßige Interpretationsfähigkeiten fordernde Parabel auf die Umweltverschmutzung in unserer Gegenwart, sondern um ein einschneidendes Ereignis im gesamten Serien-Universum, das fortan die Handlung beschränkte. Ab diesem Zeitpunkt durfte die Enterprise nämlich nur noch mit angezogener Handbremse (also maximal Warp fünf) fliegen. Kein Wunder, dass diese Idee nach und nach aufgegeben wurde, Während man bei "Deep Space Nine" und im ersten TNG-Kinofilm "Treffen der Generationen" gar nicht erst darauf einging, verfügte die USS Voyager immerhin über einen verbesserten Warpantrieb und entzog sich damit dem Damoklesschwert, dass stetig über der restlichen siebenten Staffel TNGs schwebte.


Messlattenhoch. Fragt man in Fankreisen nach der besten TNG-Episode überhaupt, so wird immer wieder der Titel "Das zweite Leben" fallen. In vielen Fanumfragen, Erhebungen und Preisnominierungen führt diese tatsächlich großartige Folge das Feld an. In der Tat repräsentiert sie vieles, was die Serie ausmacht: einen philosophischen Zugang im Science-Fiction-Gewand, eine Zentrierung auf das schauspielerische Talent Patrick Stewarts und Spannung, ohne auf bildgewaltige Raumschlachten, Schießereien oder Explosionen zu setzen. Dennoch fällt sie erzähltechnisch aus dem Rahmen, bildet einen markanten Einschnitt in der Entwicklung Picards und beschränkte die Auftritte des restlichen Casts auf ein Minimum (Marina Sirtis ist in dieser Episode sogar gar nicht zu sehen).
Aber all diese Faktoren machten "Das zweite Leben" zu einem Fixpunkt der Star-Trek-Geschichte. Keine Folge im Vorfeld und keine die danach gesendet wurde konnte die hohen Qualitätsstandards, die diese einzelne Episode zu setzen wusste, je wieder erreichen. Was allerdings nicht heißen soll, dass es keine guten Folgen mehr gab, aber keiner Episode gelang es mehr, diesen Niveaugipfel zu erklimmen und fortan stand alles im Schatten dieses einen Meisterstückes aus der fünften Staffel.




Hochzeit. Abgesehen von einigen Versuchen gab es nur eine eizige Hochzeit im Serienverlauf, deren Zeuge der Fernsehzuschauer werden durfte. Bei der Ehelichung von Keiko Ishikawa und Miles Edward O'Brien zogen gleich zu Beginn der Episode Gewitterwolken auf, aber der geneigte Fan der Serie hatte Glück in Unglück: Da die beiden O'Briens nur kurze Zeit später auf der Raumstation Deep Space 9 ihr Glück suchten, blieb ihm der Anblick einer Menge Ehestreitigkeiten erspart. Erst im Laufe der Serie "Deep Space Nine" erwuchsen aus den unsympathischen Ansätzen, die Keiko bereits an Bord der Enterprise offenbarte, jene unangenehmen Charakterzüge, die O'Brien eher Mitleid zuteil werden ließen...




Gaststarinflation. Wer TNG einigermaßen aufmerksam gesehen hat, dem wird nicht entgangen sein, dass sich Gaststars in dieser Serie wahrlich die Klinke in die Hand gaben. Das begann schon mit den Auftritten diverser TOS-Stars wie DeForest Kelley, Leonard Nimoy und James Doohan. Eine zweite Welle bildeten verdiente Schauspieler wie Whoopi Goldberg, Dwight Schultz oder Kelsey Grammar. Und weil Star Trek damals großes Medieninteresse genoss, ließen es sich auch weitere Sternchen wie der Komiker Joe Piscopo, der Basektballspieler James Worthy oder der Sänger Mick Fleetwood nicht entgehen, ihre Fußstapfen in der Serie zu hinterlassen. Wer aber dachte, dass dies lediglich eine exklusive Nische für die Prominenz des US-amerkianischen Showbiz' bleiben sollte, sah sich mit den Auftritten von wissenschaftlich bedeutenden Personen wie dem Physiker Stephen Hawking oder der Astronautin Mae Jemison getäuscht. Ergänzt wird diese Illustre Liste glanzvoller Namen zusätzlich durch eine Reihe von Schauspielern, die während ihres TNG-Auftrittes noch nicht den Bekanntheitsgrad innehatten, der ihnen heutzutage zuteil wird. So traten beispielsweise auch Kirsten Dunst, Teri Hatcher oder Famke Janssen in mehr oder weniger überschaubaren Cameos in Erscheinung. Auch wenn es außergewöhnliche Stargastauftritte auch in anderen Star-Trek-Serien gab, so drängelten sich die meisten Sternchen fraglos bei TNG zusammen.




Urlaub. Man könnte an dieser Stelle durchaus mit einiger Berechtigung anmerken, dass Picards Zwangsfreizeit in "Picard macht Urlaub" hier nicht unbedingt mitaufgeführt werden sollte, da seine Ferien keinen eklatanten Einfluss auf die Serie hatten und sie auch nicht beeinflussten. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn tatsächlich war sein Ferienabenteuer mit Vash der Grundstein für "Gefangen in der Vergangenheit" und hatte damit sogar Auswirkungen auf Episoden wie "Eine hoffnungslose Romanze", "Der Feuersturm" oder "Kontakte". Damit war das Verhalten der Captains im Prinzip durch die Ereignisse eines einzigen Urlaubs bestimmt, weswegen man diesen durchaus ins Feld führen sollte.





Faule Eier. TNG haftet der Makel an, bis heute die einzige 'echte' Clip-Show der Star-Trek-Geschichte fabriziert zu haben. Zwar kam die Episode "Kraft der Träume" vorrangig deswegen zustande, weil aufgrund eines Autorenstreiks Drehbücher fehlten, doch bis heute hält sie auch aufgrund der fehlenden Qualität die Rote Laterne unter den beliebtesten Star-Trek-Folgen fest.



Haarteil. Eigentlich war die Frisurenpolitik bei Star Trek vergleichsweise entspannt, wofür nicht zuletzt Gene Roddenberry selbst sorgte, der auf die Frage eines Journalisten, ob Glatzköpfigkeit im 24. Jahrhundert nicht kuriert werden könnte, antwortete: "Im 24. Jahrhundert kümmert es niemanden mehr".
Dennoch blieb frisurentechnisch Rikers Bart (vgl. "Achterbahn") hängen, auch wenn eine andere Frisurenentwicklung viel aussagekräftiger war: Das Haarteil, dass Marina Sirtis im Verlaufe späterer Staffeln verordnet bekam, trug maßgeblich zu ihrer Wandlung zu einem Sex-Symbol bei.

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Augenwischerei. Doch im Wandel Deanna Trois vom Schiffsberater zum Objekt der Begierde wandelte TNG auch stets auf dem schmalen Pfad unterschwellig Sex als Verkaufsmittel zu benutzen. Zwar waren die entsprechenden Momente noch überschaubar, doch die Produzenten formten damit den Ausgangspunkt für eine bedenkliche Entwicklung bei Star Trek, die in Seven of Nine und T'Pol seinen zweifelhaften Höhepunkt erfahren sollte.




Schoßtierchen. Als allmählich klar wurde, dass in puncto Niedlichkeit mit Wesley, Alexander oder Molly keine Pferde zu gewinnen waren, setzten die Drehbuchschreiber einen genialen Kniff ein, um die niederen Instinkte des Zuschauers anzusprechen. Obgleich Brent Spiner nicht unbedingt als Katzenfan gilt, erhielt sein Alter Ego Data einen felinen Mitbewohner und fortan entwickelte sich Spot zum Liebling der Drehbuchautoren und Fans. Ein genialer Schachzug, der dem Auftauchen von Katzenvideos im Internet um Jahre vorausging.



4. Produktionsentwicklungen




Absolutismus. Im Spiegelinterview gab Patrick Stewart 1999 über TNG zu Protokoll:

"Die große Schwäche der Serie war leider über Jahre der latente Sexismus Roddenberrys, gegen den wir uns anfangs nicht energisch genug gewehrt haben. Die Frauenrollen waren oft so angelegt, daß sie kaum ins 20. Jahrhundert paßten, geschweige denn ins 24.; ich habe viel Wert darauf gelegt, das zu ändern."

Der Satz verdeutlicht ein Dilemma der Serie. Zu Beginn wurde sie von den Visionen und Eingaben Gene Roddenberrys dominiert, dessen Eingriffe besonders in der ersten Staffel deutlich sichtbar blieben. Mit zunehmender Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Star-Trek-Erfinders wendete sich das Blatt. Die mittlerweile selbstbewusster auftretenden Schauspieler und einige Produzenten übernahmen Verantwortung. Dadurch kam es natürlich auch zu Konflikten, wie etwa die französische Herkunft Picards zeigt: War sie zu Beginn der Serie noch vergleichsweise stark ausgeprägt, gewannen britische Elemente durch den Einfluss Stewarts immer mehr an Bedeutung.



Überstürzter Abschied. Einen der denkwürdigsten Momente TNGs haben wir bislang geflissentlich ausgelassen (bzw. extra für den Schluss aufgehoben): Das Aussscheiden Denise Crosbys aus der Serie. Nachdem sie bereits am Ende der ersten Staffel keine Zukunft mehr in ihrer Rolle sah, stieg die Darstellerin Tasha Yars kurzerhand aus der Serie aus. Eine Entscheidung, die sie bereut haben dürfte. Während ihrer eigene Karriere keine nennenswerten Sprünge gelangen, wurde die Star-Trek-Serie zu einem kommerziellen Erfolg. Im Lichte dieser Entwicklung mutet es nur bedingt merkwürdig an, dass Crosby sämtliche Gelegenheiten nutzte, um wie in "Die alte Enterprise", "Wiedervereinigung?" oder "Gestern, Heute, Morgen" erneut aufzutreten. Während der Wiedereinstieg anderen Schauspielern wie Michelle Forbes oder Wil Wheaton leichter fiel, blieb Crosby nur der Erfindungsreichtum der Drehbuchautoren, um wieder an Bord anheuern zu können.



Endstand. Gesamtzahl der Haisichtungen:




Zusammenfassend bleibt zu bemerken, dass TNG Abstriche in allen Bereichen offenbarte, auch wenn sich vermeintlich negative Aspekte zuweilen ins Positive verkehrten. Zudem liegt die Serie mit 28 Finnen knapp unterhalb des Niveaus der Originalserie, obwohl TNG etwa einhundert Folgen mehr zu bieten hat.
Mit der Bezeichnung "Growing a Beard" gelang es ferner, den Gegenbegriff zu "Jumping the Shark" zu etablieren und es Bedarf schon einiger Anstrengungen, an dieser Serie wirklich einen Wendepunkt festmachen zu können.



Der Moment des Haisprungs: Staffel 5, Episode 25 "Das zweite Leben"



Wenn es eine Episode gibt, die aus den vielen guten TNG-Episoden heraussticht, dann ist dies fraglos "Das zweite Leben". Die Folge setzte die Standards, an denen sich die nachfolgenden Episoden messen lassen mussten. Auch wenn danach noch gute Folgen wie "Das Gesicht des Feindes" , "Beförderung" oder "Genesis" gesendet wurden, hatte die Serie heimlich, still und leise am Ende der fünften Staffel ihren Zenit erreicht. Als anschließend auch noch "Deep Space Nine" in direkter Konkurrenz lief und mit der siebenten Staffel das Ende des TV-Daseins abzusehen war blieb immer noch diese eine Folge als Leuchtturm einer erfolgreichen Serie bestehen.

Alternative Hai-Sprünge. Natürlich sind auch andere Auslegungen abseits von "Das zweite Leben" denkbar.

"Aquiel". Während diese Folge innerhalb der sechsten Staffel solide bis unauffällig gewertet werden kann, bildet sie einen markanten Einschnitt innerhalb Star Treks. Einen Tag, nachdem sie am 2. Januar 1993 ausgestrahlt wurde, wurde auch die der Pilotfilm der nächsten Star-Trek-Serie "Deep Space Nine" gesendet. Ab diesem Punkt gab es zwei Serien, die zwar nicht in puncto Sendezeit, aber doch zumindest in thematischer Konkurrenz miteinander standen. Auch mit der Beendigung TNGs hielten die verantwortlichen Fernsehproduzenten an dieser zweifelhaften Strategie fest und ließen auch "Star Trek: Voyager" parallel laufen. Dieses Überangebot führte einigen Fans zufolge zu Ermüdungserscheinungen und einem Informationsüberschuss beim Zuschauer, der mitverantwortlich für den Niedergang der Franchise gemacht wird. Zudem wanderten auch einige talentierte Drehbuchautoren, Regisseure und Schauspieler ab, was auch Auswirkungen auf die Qualität TNGs hatte.



"Gefahr aus dem 19. Jahrhundert, Teil II". Mit dem zweiten Teil dieser Episode wurde die finale siebente Staffel eingeleitet. Den Schauspielern und Produzenten war spätestens ab diesem Zeitpunkt bewusst, dass dies der Schlusspunkt der Serie werden würde und vielleicht waren aus diesem Grund die Zügel vergleichsweise locker gespannt. Zudem war den meisten Schauspielern klar, dass ihre Karriere anschließend auf der großen Kinoleinwand eine Fortsetzung finden würde, während die meisten Produzenten bereits in die Planungen für die nächste Star-Trek-Serie "Voyager" involviert waren, deren Produktion sich direkt an die finale Episode "Gestern, Heute, Morgen" anschloss. Eine Mischung aus Trott und sinkendem Interesse an der auslaufenden Serie sorgte auch für einen leichten Abwärtstrend, dem erst durch das Serienfinale Einhalt geboten wurde.



Soweit also meine Gedanken dazu, wann TNG über den berühmten Hai sprang. Das Thema ist ohne Frage kontrovers und ich behaupte nicht, dass meine Erkenntnisse deckungsgleich mit den Empfindungen anderer Fans sein müssen. Wenn Du also selbst anderer Meinung bist und den Zeitpunkt des Qualitätsverlustes an völlig anderer Stelle ansetzen würdest oder Deiner Meinung nach ein gewichtiger Aspekt in meiner Auflistung fehlt, so lass es uns in den Kommentaren wissen!

Weiterführende Leseliste:

Star Trek Jumps the Shark 01: Star Trek 
Star Trek Jumps the Shark 02: TOS 
Star Trek Jumps the Shark 03: TNG
Star Trek Jumps the Shark 04: DS9
Star Trek Jumps the Shark 05: Voyager
Star Trek Jumps the Shark 06: Enterprise